Neuregelung der Erbschaftssteuer

Die Große Koalition hat sich aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf die Neuregelung der Erbschaftssteuer verständigt.

Anlass war eine Ungleichbehandlung zwischen Grundvermögen und sonstigem Vermögen wie Kontenguthaben oder Wertpapierdepots. Grundvermögen wurde nach den Vorschriften der §§ 145 ff. des Bewertungsgesetzes mit Abschlägen von bis zu 50 % des Verkehrswertes versehen.

Diese Abschläge sollen jetzt entfallen. Für die erbschaftssteuerliche Bewertung gilt deshalb auch für Grundbesitz der Verkehrswert als Berechnungsgrundlage. Dies bedeutet in vielen Fällen, dass bei Vererbung oder Schenkung von Grundbesitz sich die Berechnungsgrundlage praktisch verdoppelt. Im Gegenzug werden die Freibeträge für Kinder auf 400.000,00 EUR und für Ehegatten auf 500.000,00 EUR angehoben. Die Freibeträge gelten auch für eingetragene Lebenspartner. Enkel werden künftig den Freibetrag von 200.000,00 EUR statt bisher 51.200,00 EUR erhalten. Es treten verschiedene Versorgungsfreibeträge hinzu.

In der Realität werden durch die zahlreichen Kompromisse neue Unklarheiten und Streitfälle geschaffen werden. Die von der SPD gewollte Gerechtigkeit wird insoweit untergraben, als eine wohlhabende Witwe weiterhin steuerfrei in der 800.000,00 EUR teuren Villa wohnen kann und zusätzlich noch 500.000,00 EUR Barvermögen steuerfrei erben kann. Erbt jedoch beispielsweise eine Schwester das Haus ihres Bruders im Wert von 170.000,00 EUR, so wird sie 150.000,00 EUR mit 30 % versteuern und dem Fiskus 45.000,00 EUR überweisen müssen. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Ehegatten und Kindern wird ebenfalls Grund genug sein, die Gerichte bis zum Verfassungsgericht erneut anzurufen.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Firmenerbe steuerfrei bleiben. Er kann entweder den Betrieb 10 Jahre lang fortführen. Sinkt während dieses Zeitraums die Lohnsumme nicht unter die Summe zum Zeitpunkt des Erbfalls und sind min. 90 % des Betriebsvermögens in der Produktion gebunden, bleibt der Erbe steuerfrei.

Alternativ gibt eine 7-jährige Haltefrist, nach der 15 % des Betriebsvermögens versteuert werden. Voraussetzung dafür ist, dass, summiert auf 7 Jahre, 650 % der Lohnsumme erhalten bleiben.

Eine Stundung der Steuerzahlung wird zugestanden.

Es wird ein gigantischer Prüfungsaufwand auf die Betriebe und die Finanzverwaltung zukommen, weil 10 Jahre lang jedes Jahr die Lohnsumme überwacht werden muss. Betriebswirtschaftlich muss dieser Prüfungsaufwand von der Gesamteinnahme der Erbschaftssteuer in Höhe von ca. 4,0 Mrd. EUR in Abzug gebracht werden.

3 Beispiele für die Berechnung der neuen Erbschaftssteuer folgen.

So wirkt sich die neue Erbschaftsteuer aus:

Beispiel 1: Ein Vater vererbt seinem Sohn ein Haus

altes Recht neues Recht
Verkehrswert 600.000 600.000
hälftige Anrechnung 300.000
minus Freibetrag 205.000 400.000
zu versteuern 95.000 200.000
Steuer (11%) 10.450 22.000

Beispiel 2: Ein Vater schenkt seinem Sohn ein Aktiendepot

altes Recht neues Recht
Depotwert 400.000 400.000
minus Freibetrag 205.000 400.000
zu versteuern 195.000 0
Steuer (11%) 21.450 0

Beispiel 3: Ein Onkel vererbt seiner Nichte (oder seinem Bruder) ein Haus im Wert von 400.000 Euro

altes Recht neues Recht
Depotwert 400.000 400.000
hälftige Anrechnung 200.000
minus Freibetrag 10.300 20.000
zu versteuern 189.700 380.000
Steuer (11%) 32.249 (17%) 114.000 (30%)

Die Regelung ist zum 01.01.2009 in Kraftgetreten und durch das Gesetz vom 22.12.2009 (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) geändert worden, siehe unten.